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CO2 Verwertung: 5 Gründe, warum sich Unternehmen jetzt beteiligen sollten

Geschrieben von Dr.techn. Mohammad Rezaei, MBA | Sep 13, 2022 11:26:52 AM

Die Abscheidung und Nutzung von Kohlendioxid bietet ein enormes Potenzial zur Verringerung der Umweltauswirkungen und kann in Kombination mit anderen Technologien eine entscheidende Rolle bei der Erreichung von Emissionsreduktionen einnehmen. Aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften ist Kohlendioxid darüber hinaus eine vielseitige Verbindung mit einem breiten Spektrum potenzieller Nutzungsanwendungen. Warum Investitionen in diesen Markt gerade jetzt sinnvoll sein können, erfahren Sie in diesem Überblick.

 

1. Die Notwendigkeit der CO2-Verwertung

Seit Beginn der Industrialisierung wird durch die Verbrennung fossiler Energieträger weltweit immer mehr Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre emittiert. Natürliche Kohlenstoffsenken wie Ozeane und Wälder mit ihren Pflanzen, Algen und Mikroorganismen im Boden sind nicht mehr in der Lage, das zusätzlich verursachte CO2 gänzlich zu binden oder umzuwandeln. Als Folge davon ist die Sättigung der Atmosphäre mit Kohlenstoffdioxid kontinuierlich gestiegen und hat 2021 erneut einen historischen Höchstwert erreicht.

 

1.1. Rekordwert von 421 ppm im Jahr 2021

 

Während in den 1950er-Jahren der jährliche Anstieg an der Messstation auf Mauna Loa (Hawaii) im Mittel noch bei 0,55 ppm Kohlendioxid lag, stieg der Welttrend in den vergangenen 15 Jahren im Mittel auf 2,24 ppm pro Jahr, in Mauna Loa auf 2,28 ppm pro Jahr. Gegenüber den 1950er-Jahren hat sich der globale CO2-Anstieg somit annähernd vervierfacht.

Die globale CO2-Konzentration ist im gleichen Zeitraum von rund 315 ppm (1958) auf aktuell 418,56 ppm (Juni 2022) und damit um etwa 100 ppm gestiegen. Dies entspricht einer Steigerung von 30 %. Am 8. April 2021 erreichte die CO2-Konzentration einen Rekordwert von 421 ppm. 1

Abbildung 1: Anstieg der CO2-Konzentration auf 421 ppm im Jahr 2021. Adaptiert aus 2.

 

Im weltweiten Durchschnitt ist die Temperatur der Erdoberfläche bereits um mehr als ein Grad gestiegen - trotz enormer Anstrengungen in den letzten zehn Jahren. Das Ziel des Pariser Klimaabkommens ist somit nicht alleine durch die Reduktion der CO2-Emissionen erreichbar.


Abbildung 2: Atmosphärische CO2-Konzentration im Monatsmittel in Deutschland, Hawaii und weltweit 3.

 

1.2. Die Konsequenz: Negative Emissionen von 10 Gt pro Jahr bis 2050


Die Ergebnisse des IPCC Sonderbericht „Global Warming of 1,5 °C“ zeigen, dass das Erreichen von Netto-Null-Emissionen bis 2050 ohne den groß angelegten Einsatz von Technologien zur Entfernung von CO2 nicht möglich ist. Um das Klima zu stabilisieren, müssen der Atmosphäre bis 2050 jährlich 10 Gt CO2 entzogen werden, während gleichzeitig keine neuen Emissionen entstehen sollten. 4

Aber auch danach werden die Herausforderungen nicht geringer, da der Atmosphäre ab 2050 bis zum Jahr 2100 insgesamt 730 Gt CO2 entnommen werden sollen. Das entspricht etwa dem 20-fachen der Menge an CO2, die heute pro Jahr weltweit emittiert werden.

Daraus folgt, dass kein Sektor von tiefgreifenden Emissionsreduktionen verschont bleiben wird und neue Technologien erforderlich sind, um diese Emissionsreduktionen zu erreichen. Neben den Sektoren Energie und Verkehr rücken die CO2-Emissionen der Industrie, insbesondere der energie- und ressourcenintensiven, verstärkt in den Fokus.

Carbon Capture and Utilization (kurz CCU) wird immer nur einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten können. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Steigerung der Energieeffizienz kann CCU dennoch eine wichtige Maßnahme zur Erreichung der Reduktionsziele in Industrieunternehmen darstellen.


Abbildung 3: Weltweite Treibhausgas-Emissionen nach Sektoren basierend auf dem Climate Analysis Indicators Tool CAIT). Adaptiert aus 5.

 

 

2. CO2 eröffnet als wertvoller Rohstoff zusätzliche Einnahmequellen


Die Abscheidung und anschließende Verwertung von CO2, kurz CCU, eröffnet vielfältige wirtschaftliche Chancen. CO2 kann als Rohstoff für eine Reihe von Produkten und Dienstleistungen verwendet werden, wobei die Nutzung direkt oder indirekt durch Umwandlung von CO2 in nützliche CO₂-Produkte erfolgen kann.

Eine direkte Nutzung von CO2 ist beispielsweise der Einsatz in Feuerlöschanlagen oder Gewächshäusern. Die indirekte Nutzung umfasst die Synthese von Energieträgern und von Grundchemikalien bzw. (Zwischen-)Produkten der Chemieindustrie.

CO2 kann entweder bei Verursachern, zum Beispiel in Stahlwerken, abgefangen oder mittels Direct Air Capture (DAC) aus der Luft entnommen werden. Je höher der Anteil von CO2 in der Luft ist, desto einfacher kann es herausgefiltert werden. Da der CO2-Anteil in der Atmosphäre mit 0,04 % sehr gering ist, sind die Kosten für die Filterung aus der Umgebungsluft entsprechend hoch. DAC wird daher aus heutiger Sicht eine Nische bleiben.6

Im Vergleich dazu ist die CO2-Gewinnung aus Abgasen, bei denen die Konzentration meist mehr als 10 % beträgt, deutlich günstiger als DAC. Als CO2-Quellen kommen in erster Linie gefasste Punktquellen in Frage, z.B. Rauchgasströme in Kraftwerken oder industrielle Prozesse, bei denen CO2 als Nebenprodukt produziert wird.


Abbildung 4: Dieser Überblick umfasst CO2-Quellen (A), die CO2-Abscheidung (B) und Beispiele für Nutzungsprozesse (C), die zu verschiedenen CCU-Produkten in vier Kategorien (D) führen, jeweils mit dem Ersatzprodukt in der konventionellen Wirtschaft (E) und der Lebensdauer (F). Adaptiert aus  7.

 

3. CCU-Technologien bieten eine Lösung für kohlenstoffbasierte Industrien

 

In den vergangenen Jahren haben Industriebranchen bereits Strategien zur Dekarbonisierung ihrer Unternehmen entwickelt. Im Vordergrund stehen vielfach Technologien, bei denen prozessbedingte CO2-Emissionen gar nicht erst entstehen. CCU kann als Brückentechnologie die Dekarbonisierung mittelfristig beschleunigen. In einzelnen Branchen, insbesondere in der Zement-, Stahl-, Kalk- und Glasindustrie, entstehen jedoch Emissionen, die kaum vermeidbar sein werden.

Darüber hinaus wird es auch in Zukunft Produkte geben, deren Herstellung Kohlenstoff erfordert, welcher am Ende des Produktzyklus wieder freigesetzt wird. Die Bindungsdauer des CO2 ist letztlich abhängig vom Produkt. Während bei Treibstoffen CO2 bereits nach Tagen bis Wochen wieder freigegeben wird, kann dies bei Baustoffen Jahrzehnte dauern.

Tabelle 1: Ölraffinerien, Zement- und Stahlindustrie bieten das größte Potential zur CO2 Verwertung.8

 

CCU bietet als wichtige Technologie zur Erreichung der Klimaneutralität einen Lösungsweg, um unvermeidbare CO2-Emissionen zu bewältigen und den anhaltenden Bedarf an kohlenstoffhaltigen Produkten zu decken, ohne fossile Quellen anzuzapfen. Kohlenstoff wird durch die Verwertung von CO2 zu einer erneuerbaren Quelle und deckt die Nachfrage nach kohlenstoffhaltigen Produkten, wie z.B. Chemikalien aus der organischen Chemie, auf weniger umweltbelastende Weise. CCU ermöglicht somit nicht nur die Vermeidung von CO2 Emissionen, sondern ersetzt auch fossile Rohstoffe (Defossilisierung).

Abbildung 5: Der für die Herstellung von Chemikalien und Folgeprodukten benötigte Kohlenstoff muss aus erneuerbarem Kohlenstoff stammen (d. h. Biomasse, CO2 und Recycling von kohlenstoffhaltigen Abfallströmen) und nicht aus fossilen Quellen (Eigendarstellung).

 

Angesichts der drastisch gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate lohnt es sich, insbesondere in kohlenstoffbasierten Industrien, CCU-Technologien als zusätzliche Option in Betracht zu ziehen. Durch die sukzessive Verknappung der frei zugeteilten Zertifikate wird der Anteil zugekaufter CO2-Zertifikate mit der Zeit immer größer, womit Investitionen in klimaneutrale Technologien erforderlich werden.

Nach einer Verdreifachung im vergangenen Jahr und einem Höchststand von 96,7 € im Februar 2022 liegt der Preis der gehandelten Zertifikate derzeit bei rund 70 € pro Tonne. Schätzungen der Credit Suisse zufolge ist ein Wachstum des globalen Marktes für CO2‑Emissionsrechte von +1.400 % bis 2030 und eine 100-fache Steigerung bis 2050 möglich. 9

 

Abbildung 6: Verlauf der CO2 Emissionsrechte 2020-2022 in Euro (Stand 9.9.2022). 10

 

4. CO2-Produkte haben ein riesiges Marktpotenzial

 

Der zukünftige Markt für CO2-basierte Produkte und Dienstleistungen ist aufgrund des frühen Stadiums der Technologieentwicklung für viele Anwendungen und der Abhängigkeit von politischen Rahmenbedingungen nicht einfach zu beurteilen. Globale Schätzungen reichen von weniger als 1 Gt CO2 pro Jahr bis 7 Gt CO2 pro Jahr bis 2030, abhängig von den zugrundliegenden Annahmen

In der Studie „CO2 Capture & Utilization: The Emergence of a Carbon Economy“ prognostiziert etwa Lux Research, ein globaler Anbieter von technologiegestützten Forschungs- und Beratungsdiensten, die Einführung der CCU-Technologie in den Bereichen Baumaterialien, Chemikalien, Kohlenstoffadditive, Brennstoffe, Polymere und Proteine. 11

Der globale Markt für die CO2-Verwertung wird laut Lux Research 70 Milliarden US-Dollar bis 2030 und 550 Milliarden US-Dollar bis 2040 erreichen. Da sich Regierungen und die Industrie der Technologie zuwenden, wird Zement und anderen Baumaterialien das größte Investitionspotenzial zugemessen.

Strategische Maßnahmen zur Beschleunigung der Kommerzialisierung von CO2-basierten Produkten erschließen nach Erkenntnissen der Studie „Global Roadmap for Implementing CO2 Utilization“ ein deutlich höheres Marktpotenzial. So könnten etwa im Best-Case-Szenario fünf Verwertungsprodukte (Beton, Kohlenstoffadditive, Polymere, Brennstoffe, Methanol) bis 2030 einen Markt von über 800 Milliarden US-Dollar erschaffen. 12

Bis 2025 würde dies zum Beispiel die Vervierfachung des Markts für CO2-basierte Kraftstoffe bedeuten (von 50 auf 200 Milliarden US-Dollar), wodurch gleichzeitig die CO2-Reduktion um das 15-fache gesteigert werden könnte (von 0,03 Mrd. Tonnen auf 0,5 Mrd. Tonnen).

 

4.1. Potenzielle Erlöse relevanter Produktgruppen

 

Nachfolgende Aufstellung zeigt auf Basis der Hochrechnung vorgenannter Studien die Größenordnungen und Bandbreiten der potenziellen Erlöse. Das mit Abstand höchste wirtschaftliche und ökologische Potenzial verzeichnen die Sektoren Baumaterialen, Brennstoffe und Chemikalien. Für eine sinnvolle Verwertung müssen jedoch neben zahlreichen anderen Faktoren grundsätzlich die folgenden zwei Kriterien erfüllt sein:

  • CO2-Fußabdruck: Das CO2-basierte Produkt muss einen geringeren ökologischen Fußabdruck haben als die etablierten Produkte. Die Nutzung von CO2 als Rohstoff führt nicht automatisch zu einer negativen CO2-Gesamtbilanz. Die Einbeziehung der CO2 Abtrennung in die CO2-Ökobilanz ist daher unerlässlich.
  • Wirtschaftlichkeit: Die Herstellung und der Verkauf des Produkts müssen mit dem etablierten Produkt wettbewerbsfähig sein.

Tabelle 2: Projektion des wirtschaftlichen und ökologischen Potenzials für CCU-Produkte auf der Grundlage einer früheren Marktbewertung. Adaptiert aus .13

 

4.2. Marktpotenzial für erneuerbaren Kohlenstoff am Beispiel der Chemieindustrie

Die Nutzung von abgeschiedenem CO2 als Ausgangsstoff in der chemischen Industrie für die Synthese bestimmter chemischer Produkte bietet eine Möglichkeit jährlich mehrere Millionen Tonnen CO2-Emissionen zu vermeiden und gleichzeitig die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu erhöhen. Aus diesem Grund wächst das Interesse der Chemieindustrie auf diese Weise abgeschiedenes CO2 einzusetzen.

Einen interessanten Blick auf die Absatzmärkte der Zukunft bietet untenstehendes Szenario der Kohlenstoffversorgung im Jahr 2050. Unter der Prämisse eines moderateren Wachstums zeigt Abbildung 7 einen weltweit steigenden Bedarf an eingebetteten Kohlenstoff (in der Molekularstruktur gebundener Kohlenstoff) für die Chemie von heute 450 Mio. Tonnen pro Jahr auf 1.000 Mio. Tonnen pro Jahr im Jahr 2050.14

Mechanisches und chemisches Recycling werden mit 55 % die wichtigsten zukünftigen Kohlenstoffquellen werden, gefolgt von der direkten CO2-Nutzung mit 25 % und Biomasse mit 20 %. Inwieweit dieses Szenario bis zum Jahr 2050 umgesetzt werden kann, hängt in erster Linie von den politischen Rahmenbedingungen und den Investitionen in die Kreislaufwirtschaft, CCU-Technologien und Bioökonomie ab.

Abbildung 7: Unter der Prämisse eines moderaten Wachstums prognostiziert das Szenario für das Jahr 2050 einen weltweiten Kohlenstoffbedarf für Chemikalien und Folgeprodukte von 1.000 Mt pro Jahr. Adaptiert aus 15

 

Die erneuerbaren Kohlenstoffquellen bringen auch andere Rohstoffe ins Spiel, die neue Strukturen in der Chemieindustrie fördern. Zu diesen Rohstoffen und Energieträgern zählen CO2, aber auch Wasserstoff, Ethanol und vor allem Methanol, Zucker, Cellulose, Pflanzenöle sowie Altfette und -öle und chemischem Recycling.

Abbildung 8: Die Grafik zeigt Möglichkeiten auf, den Bedarf der heutigen chemischen Großindustrie auch mit Biomasse, CO2 und recycelten Rohstoffen vollständig zu decken. Adaptiert aus 16.

 

4.3. Der relative Mehrwert verschiedener CO2-Produkte

 

Der relative Mehrwert von Produkten aus der CO2-Umwandlung ist ein einfaches Maß für den Gewinn und berücksichtigt den wirtschaftlichen Aspekt der Bewertung. Je höher der relative Mehrwert ist, desto attraktiver ist die Reaktion für eine industrielle Umsetzung. Eine Berechnung des relativen Mehrwerts im Rahmen der Studie „Closing the loop: captured CO2 as a feedstock in the chemical industry“ kam zu folgendem Ergebnis: 17

  • Die Veränderung der CO2-Preise hat keine signifikanten Auswirkungen auf die relativen Mehrwerte.
  • Die berechneten Ergebnisse für p-Salicylsäure, Oxalsäure und Dimethylcarbonat sind die drei höchsten unter allen 23 berechneten Chemikalien/Brennstoffen.
  • Die relativen Mehrwerte von Produkten wie Dimethylether, Propionsäure, Formaldehyd und Methanol sind negativ, da der Wert der Produkte niedriger ist als die Kosten der Reaktanten.

Anmerkung: Der relative Mehrwert ist definiert als die Differenz zwischen Produktwert und Preis der benötigten Edukte (CO2 und weitere Edukte) dividiert durch den Produktwert. Der errechnete Wert dient theoretischen wirtschaftlichen Bewertungen. Für die Berechnung der „echten“ relativen Wertschöpfung müssten alle im Prozess anfallenden Herstellungskosten berücksichtigt werden.

Abbildung 9: Die Grafik zeigt den Relativen Mehrwert verschiedener Chemikalien/Brennstoffe bei unterschiedlichem CO2-Preis. Über ein Punktesystem werden für bestimmte Wertebereiche Punkte zwischen 1 und 5 aufsteigend vergeben, die auf das Potenzial von CO2 - Verwertungsreaktionen hinweisen. Adaptiert aus [17] .

 

4.4. Eine erste Bewertung von CO2-Konversionstechnologien

 

Die CO2-Nutzung umfasst eine Vielzahl von Prozessen und chemischen Reaktionen. In diesem Zusammenhang bietet nachfolgende Übersicht der Studie „CO2 Utilization Technologies in Europe: A Short Review“ eine Analyse der technisch-wirtschaftlichen Machbarkeit, der Nachhaltigkeit und der sozialen Chancen der CO2-Nutzung in Europa. Die Auswertung der Studie basiert auf den neuesten Entwicklungen in der CO2-Nutzung und untersucht CO2-basierte Technologien mit hohem Reifegrad.

Für die Bewertung wurden sieben in der einschlägigen Literatur häufig genannte Indikatoren festgelegt, die technologische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte abdecken. Die folgenden Indikatoren ermöglichen somit einen ersten schnellen Überblick über die Leistung der in der Studie diskutierten CO2-Konversionstechnologien.

  • Stand der Technik: Dieser Indikator basiert auf dem Reifegrad (TRL) und umfasst den Zeitrahmen bis zur Einführung.
  • Energieleistung: Mit diesem Indikator wird der Energiebedarf bewertet. Er umfasst auch das Energiespeicherpotenzial, insbesondere im Zusammenhang mit der Power-to-Fuel-Technologie.
  • Investitionskosten: Dieser Indikator bezieht sich auf die Kapitalinvestitionen, d.h. die nicht verbrauchbaren Komponenten für die Implementierung der CCU-Technologie (CAPEX).
  • Betriebliche Kosten: Dieser Indikator bezieht sich auf die Kosten für den laufenden Betrieb der CCU-Technologie (OPEX).
  • CO2-Nutzung: Dieser Indikator basiert auf der Masse an CO2, die notwendig ist, um ein Kilogramm eines Produkts herzustellen (vorgegeben durch die Stöchiometrie).
  • Nachhaltigkeit: Dieser Indikator untersucht die Verwendung zusätzlicher Lösungsmittel, Katalysatoren oder toxischer Verbindungen, die zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die Nutzung knapper natürlicher Ressourcen führen können. Er bewertet auch, ob es möglich ist fossilen Kohlenstoff als Ausgangsmaterial für die Herstellung der Reaktanten zu vermeiden.
  • Soziale Akzeptanz: Dieser Indikator untersucht die allgemeine Wahrnehmung der CCU Technologie durch Endverbraucher. Eine positive öffentliche Wahrnehmung ist eine wichtige Komponente für die erfolgreiche Kommerzialisierung dieser Produkte. CO2 basierte Produkte, wie z.B. aus CO2 hergestellte Seifen, werden teilweise noch als „schmutzig“ wahrgenommen.

Abbildung 10: Bewertung der technisch-wirtschaftlichen Machbarkeit, der Nachhaltigkeit und der sozialen Chancen der CO2-Nutzung in Europa. Adaptiert nach [18].

 

5. Die Markteinführung von CCU-Technologien nimmt an Fahrt auf

 

Das steigende Interesse an CCU-Technologien spiegelt sich in der steigenden Anzahl der jährlich veröffentlichten Forschungspublikationen wider und ist ein klarer Indikator für die Positionierung in Richtung Markteinführung.

Zahlreiche Projekte scheitern jedoch am notwendigen Transfer vom funktionsfähigen Prototypen zum marktfähigen Produkt, da die Forschungsbereitschaft der Universitäten selten die Stufen 3 4 der Technologie-Reifegrad-Skala (TRL) übersteigt. Gleichzeitig beginnt das Interesse von Industrie und Investoren meist erst bei TRL 6 oder höher. Diese Lücke, das sogenannte „Valley of Death”, verzögert den Transferprozess vom Labor in die Praxis und kann das Verschwinden einer Technologie verursachen.

Derzeit befinden sich viele CCU-Technologien in Entwicklung, einige verfügen bereits über einen ausreichenden Reifegrad für eine Markteinführung. Um das „Valley of Death“ zu überbrücken und den Transfer zur marktfähigen Technologie zu beschleunigen, sind Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, aber auch die Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins und die politische Unterstützung für CCU-Technologien erforderlich.

Das wachsende Interesse von Regierungen, Industrie und Investoren bietet derzeit die besten Voraussetzungen, um CCU Technologien zur Marktreife weiterzuentwickeln. In Nordamerika unterstützt der NRG COSIA Carbon XPrize die Entwicklung neuartiger CO2 Nutzungsmöglichkeiten mit einem globalen Wettbewerb in Höhe von 20 Mio. USD. Die Regierungen in Kanada, Japan, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten sowie die Europäische Kommission leisten ebenfalls erhebliche F&E-Unterstützung für die CO2 Nutzung.

Vor diesem Hintergrund hat auch GIG Karasek in Kooperation mit der JKU Linz ein Projekt zur Verwertung von CO2 durch die sogenannte „Dream Reaction“ initiiert. Eine erste Pilotanlage soll bis Ende 2023 für den industriellen Einsatz bereit sein. 20

 

Tabelle 3: Beschreibungen der Technologiereifegrade (TRL) und Beispiele von CCU-Technologien für jeden TRL. Adaptiert nach [7] .

 

6. Fazit: CO2 als wertvoller Rohstoff für Industrieprozesse

 

Neue Optionen zur Verwendung von CO2 bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen ziehen die Aufmerksamkeit von Regierungen, Industrie und Investoren auf sich. Mit CCU Technologien können Unternehmen Millionen Tonnen CO2 pro Jahr in hochwertige Produkte umwandeln, die direkt in industriellen Prozessen wiederverwendet oder zur Herstellung anderer Produkte verwendet werden können. Kraftstoffe, Chemikalien und Kohlenstoffadditive bieten ein enormes Potenzial, es braucht jedoch Innovationen für eine breite Einführung der Technologie. Unternehmen, die sich jetzt engagieren, werden nicht nur ihre CO2-Emissionen reduzieren, sondern auch von marktfähigen Produkten profitieren.

 

 

1 Stein, T.. Carbon dioxide peaks near 420 parts per million at Mauna Loa observatory. NOAA Research. https://research.noaa.gov/article/ArtMID/587/ArticleID/2764/Coronavirus-response-barely-slows-rising-carbon-dioxide (6.9.2022)

2 Wikimedia Commons.File:Carbon Dioxide 800kyr.svg - Wikimedia Commons. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Carbon_Dioxide_800kyr.svg (6.9.2022).

3 Umweltbundesamt. Atmosphärische Treibhausgas-Konzentrationen. https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/atmosphaerische-treibhausgas-konzentrationen#methan (6.9.2022).

4 Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle. Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung – SR1.5.. https://www.de-ipcc.de/256.php (6.9.2022)

5 Our World in Data. Emissions by sector.. https://ourworldindata.org/emissions-by-sector (6.9.2022)

6 Heinrich-Böll-Stiftung. CCS: Abscheidung und Speicherung von CO2 (2021). https://www.boell.de/de/2021/01/08/direct-air-capture (6.9.2022).

7 De Kleijne, K., Hanssen, S. V., van Dinteren, L., Huijbregts, M. A. J., van Zelm, R., & de Coninck, H.. Limits to Paris compatibility of CO2 capture and utilization. One Earth 2022, 5, 168–185. https://doi.org/10.1016/j.oneear.2022.01.006

8 Michele Aresta, Iftekhar Karimi, Sibudjing Kawi. An Economy Based on Carbon Dioxide and Water Potential of Large Scale Carbon Dioxide Utilization. Springer International Publishing 2019.

9 Finanznachrichten.de. Energiekrise: CO2-Steuern jagen Preise für Heizöl, Erdgas und Diesel in die Höhe. https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-03/55499071-energiekrise-co2-steuern-jagen-preise-fuer-heizoel-erdgas-und-diesel-in-die-hoehe-jetzt-profitieren-671.htm (6.9.2022)

10 boerse.de. CO2 Emissionsrechte EUR Bewertung. https://www.boerse.de/chart-tool/Co2-Emissionsrechtepreis/XC000A0C4KJ2 (6.9.2022)

11 Lux Research. CO2 capture and utilization: The emergence of a carbon economy. https://www.luxresearchinc.com/resources/chemicals/co2-capture-and-utilization-the-emergence-of-a-carbon-economy/ (6.9.2022)

12 Curty, T. Global Roadmap for Implementing CO2 Utilization. Lmc.today; Courant Constructif 2020. https://lmc.today/global-roadmap-for-implementing-co2-utilization/ (6.9.2022)

13 Spiers memorial lecture: CO2 utilization: Why, why now, and how? . RSC Publishing Home – Chemical Science Journals, Books and Databases. https://pubs.rsc.org/fa/content/articlelanding/2021/fd/d1fd00029b#cit11 (7.9.2022)

14 Vogt, D. Erneuerbarer Kohlenstoff – Schlüssel zur Zukunft (PDF). Renewable Carbon Publications. https://renewable-carbon.eu/publications/product/erneuerbarer-kohlenstoff-schlussel-zur-zukunft-pdf/ (6.9.2022)

15 Vogt, D. Global Carbon Demand for Chemicals and Derived Materials (PNG). Renewable Carbon Publications. https://renewable-carbon.eu/publications/product/global-carbon-demand-for-chemicals-and-derived-materials-png/ (7.9.2022)

16 Vogt, D. Renewable carbon refinery (PNG). Renewable Carbon Publications. https://renewable-carbon.eu/publications/product/renewable-carbon-refinery-png/ (7.9.2022)

17 Otto, A., Grube, T., Schiebahn, S., & Stolten, D. (2015). Closing the loop: captured CO2 as a feedstock in the chemical industry. Energy & Environmental Science, 8(11), 3283–3297. https://doi.org/10.1039/c5ee02591e

18 Zheng, Y., Yu B., Wang J., Zhang J. (2019). Economic Analysis of CO2 Conversion to Useful Fuels/Chemicals. researchgate.net. https://www.researchgate.net/publication/334347891_Economic_Analysis_of_CO2_Conversion_to_Useful_FuelsChemicals

19 Chauvy, R., De Weireld, G. (2020). CO2 Utilization Technologies in Europe: A Short Review. Research.net. https://www.researchgate.net/publication/344273392_CO2_Utilization_Technologies_in_Europe_A_Short_Review (7.9.2022)

20 GIG Karasek. CO2 Verwertung: Wenn aus CO2 wieder Wertstoffe werden. https://www.gigkarasek.com/de-at/blog/co2-verwertung (7.9.2022)